Beitrag von AndyG » 28. September 2007, 12:17
Der kleine Ort Buckow, malerisch am Schermützelsee gelegen, war dereinst bei allerlei Dichtern und anderen Künstlern ein beliebter Ort für´s Sommerhäuschen. Noch heute ist vom einstigen Glanz etliches erhalten, der Ort ist noch immer ein beliebtes Ausflugsziel, vor allem von "Tagestouristen" aus Berlin. Dass hier in der Gegend aber vor fast 100
Jahren einmal einige der wenigen Aufschlüsse des Tertiärs in Brandenburg waren, ist kaum noch bekannt. Wie in Bad Freienwalde gab es auch hier Tongruben und ihre Reste bestehen noch. Die anderen klassischen Lokalitäten, Joachimsthal bei Chorin und Hermsdorf
(heute im Norden von Berlin) sind wohl mehr oder weniger zur Gänze verschwunden. Hermsdorf wurde als "locus typicus" für eine Anzahl an Kleinstfossilien bekannt, heute zeugen nurmehr ein paar düstere Teiche im Gestrüpp davon. Bad Freienwalde ist wohl die letzte Lokalität der oligozänen Tonaufschlüsse geblieben, an denen der Sammler ausreichende Tätigkeit findet. Um 1895 war aber all das, was man in Bad Freienwalde sieht auch hier in frischen Aufschlüssen zu beobachten: Tonwand, Eisensteinbank, Stettiner Sande, heller Glimmersand.
Die erste Tongrube, die ich besuchte, war die "Alte Ziegeleigrube" am Südufer des Schermützelsees. Wer den Führer zur Geologie von Berlin und Brandenburg No. 9 besitzt, folge lieber nicht der Wegbeschreibung dort. Resultat könnte eine (schöne) Wanderung durch den Wald werden. Im Grunde ist es aber ganz einfach: man stelle einfach das Auto am
Parkplatz des Restaurants Fischerkehle ab. Von dort aus geht ein Wanderweg an der Fischerkehle vorbei um den See. Ein anderer (Kopfsteinpflaster!) führt vom See weg in Richtung Hasenholz. Diesen beschreite man nur solange, bis linkerhand ein Pfad in den Wiesengrund abzweigt. Diesen Weg gehe man nun bis zur Waldgrenze. Entweder man stapft vorher rechts durch das hohe Gras oder eben jetzt am Waldrand auf dem Damm der alten Tongrube entlang.
In der Grube selbst soll es einmal eine 18 Meter hohe Tonwand gegeben haben. Nur auf dem Grund ist noch tonige Erde zu erkennen. Überall liegen Eisensteinbrocken herum. Sie zeugen davon, dass es hier auch eine Eisensteinschicht am Stettiner Sand gegeben hat. Dieser war am nördlichen Hang aufgeschlossen, ist aber nun völlig verrollt. Gipskristalle oder Bernstein wird man wohl nicht mehr finden können, aber der geneigte Belegsammler mag sich ein Stück Limonit einstecken, als Erinnerung an einen einstmals bekannten Fundort in Brandenburg.
Die zweite Grube stellt sich etwas erfreulicher dar. Hierzu fahre man auf der Ostseite des Sees wieder durch Buckow auf die L34 zurück und auf dieser nach rechts in Richtung Reichenberg. Kurz vor dem Ort Pritzhagen tauchen auf der in Fahrtrichtung rechten Seite einige Häuser (vormals zur Ziegelei Pritzhagen gehörig, heute Wohnhäuser) in einer Lichtung auf. Hier stelle man den Wagen ab. Gegenüber der kleinen Imkerei kann man durch den Wald schon die Tongrube sehen. Im vorderen Bereich ist der Ton an den Wänden verrutscht, lässt sich aber durch Aufgraben freilegen. Auch hier liegt viel Eisenstein, auch einige Bröckchen Kaolin finden sich mitunter. Im hinteren Bereich ist der Ton auf der Sohle durch eine Wildschweinsuhle gut aufgeschlossen. Durch Abgraben mit einem Feldspaten könnten sich hier bei einigermaßen trockenen Verhältnissen vielleicht noch Gipse finden. Bei meinem Besuch war es allerdings derart nass, dass man sich nur am Rand oder über die verzweigten Wurzeln eines Baumes mitten im Grubenkessel bewegen konnte.
Fazit: für den Sammler, der unbedingt etwas repräsentatives mit nach Hause tragen muss, empfiehlt sich diese Tour natürlich nicht. Für alle einigermaßen geologisch interessierten Leute aber ist dies durchaus lohnend. Hübsche Limonite findet man allemal. Zudem lässt sich hier Geschichte atmen. Man kann sich förmlich vorstellen, wie hier vor 100 Jahren die Brandenburger "Geologenprominenz" herumsuchte, Aufschlüsse anschürfte und im Hintergrund rumpelten ein paar Loren über den Damm zur Ziegelei. Und so Freaks wie unsereinen schockt der bisweilen trostlose Zustand der alten Gruben nicht sonderlich. Alleine, dass es hier mal Gipskristalle GEGEBEN HAT und der Ton zumindest
noch AUFGESCHLOSSEN ist, lässt die Pritzhagener Grube im Hinterkopf verweilen. Zusammen mit 1000 anderen Fundstellen liegt sie dort. Zusammen in einer Schublade des Gehirns, mit der Aufschrift: "Da müsste man eigentlich mal..."
Glückauf
Andreas
P.S.: Hinter dem Restaurant Fischerkehle gibt es noch eine kleine ehemalige Tongrube, welche heute durch eine weithin sichtbare Glimmersandwand auffällt. Mit Einverständnis des Restaurantbesitzers darf man sich diesen Aufschluss
ansehen.
Beitrag von McSchuerf » 29. September 2007, 06:38
Hallo Andy,
wieder mal ein sehr interessanter Beitrag von Dir! Yellow_Colorz_PDT_19
Weiter so! Yellow_Colorz_PDT_15
Gruß Peter
Der kleine Ort Buckow, malerisch am Schermützelsee gelegen, war dereinst bei allerlei Dichtern und anderen Künstlern ein beliebter Ort für´s Sommerhäuschen. Noch heute ist vom einstigen Glanz etliches erhalten, der Ort ist noch immer ein beliebtes Ausflugsziel, vor allem von "Tagestouristen" aus Berlin. Dass hier in der Gegend aber vor fast 100
Jahren einmal einige der wenigen Aufschlüsse des Tertiärs in Brandenburg waren, ist kaum noch bekannt. Wie in Bad Freienwalde gab es auch hier Tongruben und ihre Reste bestehen noch. Die anderen klassischen Lokalitäten, Joachimsthal bei Chorin und Hermsdorf
(heute im Norden von Berlin) sind wohl mehr oder weniger zur Gänze verschwunden. Hermsdorf wurde als "locus typicus" für eine Anzahl an Kleinstfossilien bekannt, heute zeugen nurmehr ein paar düstere Teiche im Gestrüpp davon. Bad Freienwalde ist wohl die letzte Lokalität der oligozänen Tonaufschlüsse geblieben, an denen der Sammler ausreichende Tätigkeit findet. Um 1895 war aber all das, was man in Bad Freienwalde sieht auch hier in frischen Aufschlüssen zu beobachten: Tonwand, Eisensteinbank, Stettiner Sande, heller Glimmersand.
Die erste Tongrube, die ich besuchte, war die "Alte Ziegeleigrube" am Südufer des Schermützelsees. Wer den Führer zur Geologie von Berlin und Brandenburg No. 9 besitzt, folge lieber nicht der Wegbeschreibung dort. Resultat könnte eine (schöne) Wanderung durch den Wald werden. Im Grunde ist es aber ganz einfach: man stelle einfach das Auto am
Parkplatz des Restaurants Fischerkehle ab. Von dort aus geht ein Wanderweg an der Fischerkehle vorbei um den See. Ein anderer (Kopfsteinpflaster!) führt vom See weg in Richtung Hasenholz. Diesen beschreite man nur solange, bis linkerhand ein Pfad in den Wiesengrund abzweigt. Diesen Weg gehe man nun bis zur Waldgrenze. Entweder man stapft vorher rechts durch das hohe Gras oder eben jetzt am Waldrand auf dem Damm der alten Tongrube entlang.
In der Grube selbst soll es einmal eine 18 Meter hohe Tonwand gegeben haben. Nur auf dem Grund ist noch tonige Erde zu erkennen. Überall liegen Eisensteinbrocken herum. Sie zeugen davon, dass es hier auch eine Eisensteinschicht am Stettiner Sand gegeben hat. Dieser war am nördlichen Hang aufgeschlossen, ist aber nun völlig verrollt. Gipskristalle oder Bernstein wird man wohl nicht mehr finden können, aber der geneigte Belegsammler mag sich ein Stück Limonit einstecken, als Erinnerung an einen einstmals bekannten Fundort in Brandenburg.
Die zweite Grube stellt sich etwas erfreulicher dar. Hierzu fahre man auf der Ostseite des Sees wieder durch Buckow auf die L34 zurück und auf dieser nach rechts in Richtung Reichenberg. Kurz vor dem Ort Pritzhagen tauchen auf der in Fahrtrichtung rechten Seite einige Häuser (vormals zur Ziegelei Pritzhagen gehörig, heute Wohnhäuser) in einer Lichtung auf. Hier stelle man den Wagen ab. Gegenüber der kleinen Imkerei kann man durch den Wald schon die Tongrube sehen. Im vorderen Bereich ist der Ton an den Wänden verrutscht, lässt sich aber durch Aufgraben freilegen. Auch hier liegt viel Eisenstein, auch einige Bröckchen Kaolin finden sich mitunter. Im hinteren Bereich ist der Ton auf der Sohle durch eine Wildschweinsuhle gut aufgeschlossen. Durch Abgraben mit einem Feldspaten könnten sich hier bei einigermaßen trockenen Verhältnissen vielleicht noch Gipse finden. Bei meinem Besuch war es allerdings derart nass, dass man sich nur am Rand oder über die verzweigten Wurzeln eines Baumes mitten im Grubenkessel bewegen konnte.
Fazit: für den Sammler, der unbedingt etwas repräsentatives mit nach Hause tragen muss, empfiehlt sich diese Tour natürlich nicht. Für alle einigermaßen geologisch interessierten Leute aber ist dies durchaus lohnend. Hübsche Limonite findet man allemal. Zudem lässt sich hier Geschichte atmen. Man kann sich förmlich vorstellen, wie hier vor 100 Jahren die Brandenburger "Geologenprominenz" herumsuchte, Aufschlüsse anschürfte und im Hintergrund rumpelten ein paar Loren über den Damm zur Ziegelei. Und so Freaks wie unsereinen schockt der bisweilen trostlose Zustand der alten Gruben nicht sonderlich. Alleine, dass es hier mal Gipskristalle GEGEBEN HAT und der Ton zumindest
noch AUFGESCHLOSSEN ist, lässt die Pritzhagener Grube im Hinterkopf verweilen. Zusammen mit 1000 anderen Fundstellen liegt sie dort. Zusammen in einer Schublade des Gehirns, mit der Aufschrift: "Da müsste man eigentlich mal..."
Glückauf
Andreas
P.S.: Hinter dem Restaurant Fischerkehle gibt es noch eine kleine ehemalige Tongrube, welche heute durch eine weithin sichtbare Glimmersandwand auffällt. Mit Einverständnis des Restaurantbesitzers darf man sich diesen Aufschluss
ansehen.
Beitrag von McSchuerf » 29. September 2007, 06:38
Hallo Andy,
wieder mal ein sehr interessanter Beitrag von Dir! Yellow_Colorz_PDT_19
Weiter so! Yellow_Colorz_PDT_15
Gruß Peter