Hallo Norbert und alle anderen Interessierten an der Zwillingsbildung von Mineralien,
gestern besuchte ich nach 2-3 Monaten Auszeit mal wieder meinen Verein, anlässlich eines
interessanten Vortrags zur Zwillingsbildung von Herrn K. S., der sich seit seinem 8. Lebensjahr mit Mineralien beschäftigt und seit vielen Jahrzehnten auch speziell mit der Zwillingsbildung von Kristallen. In der Einleitung seines Vortrags erfuhr ich auch erstmals, dass geschätzte
rd. 20 % der zur Zeit existierenden
etwas über rd. 5.000 Mineralarten zur Zwillingsbildung neigen sollen bzw. Zwillinge bilden sollen.
Darüber hinaus wurden anschaulich Beispiele für verschiedene Zwillingsbildungen
aus rein morphologischer Sicht (Flächen, Kanten, Symmetrieoperationen) vorgestellt. D. h., die Beschäftigung mit der inneren Struktur von Zwillingsbildungen, wie z.B. die Anordnung der kleinsten Bausteine in der Kristallstruktur, ließ er bewusst außen vor, da sonst die Zeit nicht ausgereicht hätte. Das Thema Zwillingsbildung ist so komplex, dass es sogar einen eigens benannten Wissenschaftszweig dafür gibt, die
Geminografie. Letzteres erfuhr ich allerdings schon zur Vorbereitung des Vortrags nach aufgefrischtem Selbststudium aus dem Internet.
Hinterher "ergänzte" ich dann kurz den Vortrag mit eigenen Anmerkungen und Fragestellungen, da sich sonst leider kaum jemand auf Wunsch des Dozenten meldete. Unter anderem merkte ich dabei an, dass
nicht jede Zwillingsbildung einspringende Winkel als Indiz aufweisen muss; anstelle dessen ist z. B. auch nur eine
Zwillingsstreifung ein Indiz.
Während des Vortrags erfuhren wir auch, dass es auch einige Beispiele für Zwillingsbildungen gibt, die man nie als solche erkennen würde. In solchen Fällen ist z.B. nur eine schwache Naht erkennbar aber erst nach bestimmten
Symmetrieoperationen wie Drehung um 180 Grad oder Inversion (Spiegelung) bringt dann auch in diesen Fällen Licht ins Dunkel.
Weshalb sich die ein- oder andere Zwillingsbildung genau so und nicht anders gebildet hat, kann wohl keiner absolut beantworten. Hier ist man, sowohl als Laie, als auch als Experte auf mehr Spekulieren und Philosophieren angewiesen, als auf empirische Fakten. Man kann aber sagen, dass
unterschiedliche Faktoren bzw. verschiedene Bildungsbedingungen wie z.B. Temperaturwechsel, Änderung der Druckverhältnisse, Menge der Stoffzufuhr etc. eine entscheidende Rolle bei der Zwillingsbildung spielen. Bekannt ist, dass viele Zwillingsbildungen bereits schon
in den Anfängen des Kristallwachstums quasi "vorprogrammiert" sind, d.h. nach Ausscheiden des Kristallkeims und während der Anlagerung der kleinsten Bausteine (Atome, Moleküle ..);
andere Zwillingsbildungen aber erst später durch äußere Einflüsse bzw. Ursachen (z.B. Änderung der Druck- und Temperaturverhältnisse (--> sog. Deformationszwillinge) entstanden sind.
Aus der einschlägigen Literatur konnte ich auch entnehmen, dass die Zwillingsbildung im Grunde einen
Kristallbaufehler darstellt.
Ein weiterer Punkt ist die
immer noch große Uneinigkeit bei der Definition zur Zwillingsbildung (oder auch Verzwilligung) genannt. So existieren reichlich verschiedene Definitionen in den unterschiedlichsten Quellen und zwar je nachdem, ob man nur die morphologischen Aspekte in den Vordergrund stellt oder nur den inneren Aufbau (Kristallstruktur mit all seinen Bausteinen) zugrundelegt oder noch ganz andere Aspekte berücksichtigt! Wünschenswert wäre daher eine umfassende einheitliche Definition zum Thema Zwilling und Verzwilligung.
Die Viellinge, darunter
Drillinge, Vierlinge, Sechslinge etc. bezeichnet man übrigens auch als
multiple Zwillinge. Hier wiederholt sich auch die Zwillingsbildung zyklisch. (Beispiel Chrysoberyll / Alexandrit).
Gruß Peter